Fasnet zu Corona-Zeiten
Prunkfestsitzung des Narrenbunds Neuhausen findet im Netz statt
Weil die Fasnet dieses Jahr coronabedingt anders als gewohnt stattfindet, hat der Narrenbund Neuhausen seine Prunkfestsitzung online produziert. Neue Beiträge und Showteile aus der Konserve sind dabei.
Neuhausen – Dass die Fasnet dieses Jahr komplett ausfallen könnte, das war für Philipp Hohenhaus nie ein Thema: „Die gehört bei uns in Neuhausen zum Jahr wie Weihnachten oder Ostern.“ Da es coronabedingt weder einen Hexentanz noch die beliebten Fasnetsumzüge in der Hochburg geben darf, hat der Narrenbund Neuhausen (NBN) eine dreieinhalbstündige Prunkfestsitzung fürs Netz konzipiert. Als Moderator führt Philipp Hohenhaus durch das Programm, das ein Mix aus neuen Bütten und Musikstücken sowie aus Archivmaterial wird. „Aufwendig war das schon, aber es hat uns allen Spaß gemacht“, schwärmt Technik-Chef Lucas Schaller von den Dreharbeiten im Narrenheim in der Klosterstraße.
Klar war für Ronald Witt, den Präsidenten des NBN, dass das Programm für die digitale Prunkfestsitzung nicht nur aus der Konserve kommen darf. Gardetänze aber sind derzeit wegen der Coronaverordnung nicht erlaubt. Deshalb stöberte Witt wochenlang in Archiven, suchte die schönsten Tänze heraus. Die werden nun bei der Prunksitzung im Netz noch einmal zu erleben sein – ab Samstag, 6. Februar, pünktlich zur Narrenzeit um 19.33 Uhr, kann man die digitale Sitzung auf der Homepage des NBN abrufen. Der Stream steht für alle kostenlos bereit. Da der Verein die Produktion aus eigenen Rücklagen finanzieren muss, bittet Witt um Spenden.
Die erste digitale Prunkfestsitzung zu moderieren, war für Philipp Hohenhaus eine Ehre. Dann und wann habe er schon mal im Team durch Programme geführt. „Aber so eine Moderation alleine zu machen, das war eine Herausforderung.“ Gemeinsam mit Martin Wahler, dem zweiten Technik-Experten im Team, hat er Texte zwischen den Beiträgen aufgenommen. „Zu jedem Punkt habe ich mir Notizen gemacht“, berichtet er von seiner Premiere. Gefallen hat ihm die neue Erfahrung, „aber ich bin doch eher ein Teamspieler.“
Obwohl das technisch wohl die größte Herausforderung war, haben Schaller und Wahler auch Musik von der Schlampenkapelle neu eingespielt. Die Instrumentalisten, die sich vom Musikverein kennen, ziehen traditionell am Rosenmontag durch die Lokale. Jetzt sind ihre schrägen Töne im Netz zu erleben. „Orchester dürfen ja gerade nicht proben“, sagt Schaller. Deshalb kamen die Mitglieder einzeln ins zweite Studio im Musikerheim. Die Tonspuren legen die Profis nun übereinander.
Spannend waren die Filmaufnahmen auch für die Lieblinge der Bütt. Das Duo „Dia vom Kloschdrgässle“, Ronald Witt und Sohn Justin, hat vor der Kamera auch eine neue Bütt präsentiert. „Es war schon ungewohnt, so ganz alleine vor der Kamera zu spielen“, findet Justin Witt. Der Auszubildende, der schon bei der SWR-Fasnet vor der Kamera stand, hat die Reaktionen des Publikums vermisst: „Man weiß ja gar nicht, wo die Leute lachen.“ Dennoch freut sich Witt auf die Fasnet. Und trotz aller Beschränkungen will er mit seiner Freundin Melissa an den Fasnetstagen spazieren gehen, „natürlich verkleidet.“
Viel Spaß hatten auch Uschi Krieger und Raphaela Schaller als Alma und Wilma mit ihrer neusten Bütt. Ungewohnt war es für Uschi Krieger schon, so ganz ohne Publikum zu spielen: „Aber wir sind einfach total glücklich, dass wir unser Programm so doch zeigen dürfen.“
„Narren müssen wunde Punkte aufzeigen – etwa in der Politik.“
Keine Frage war es auch für Lena Broll und Timo Samel, dass sie bei der Online-Fasnet dabei sein wollen. Als „Nadja und der Bürgermeister“ haben die zwei in Neuhausen eine Fangemeinde. Dabei schlüpft Samel, Spielleiter beim Fußballverein Neuhausen, in die Rolle von Bürgermeister Ingo Hacker. Lena Broll verkörpert dessen ehemalige persönliche Referentin Nadja Fournereau, die jetzt das Hauptamt in Rangendingen leitet. Wie kamen die zwei auf die Idee? „Ich hatte Lust, etwas im Stil von ‚Hannes und der Bürgermeister’ zu machen“, erinnert sich Samel. Und da habe er eine Partnerin gesucht, „die eine große Klappe hat.“ Da kichern die zwei. Dass zwischen den Freunden die Chemie stimmt, ist nicht zu übersehen. „Uns verbindet, dass wir über uns selbst lachen können“, findet Samel.
Augenzwinkernd nehmen die zwei die kommunalpolitischen Ereignisse in Neuhausen aufs Korn. Den Bürgermeister angreifen wollen sie aber nicht. Den närrischen Spiegel vorhalten, das sei ihr Ziel. Beim letzten Auftritt hätten Hacker und seine Referentin mit ihnen gelacht. Eine Bütt muss für Timo Samel den Blick auf Probleme lenken: „Narren müssen wunde Punkte aufzeigen – etwa in der Politik. Da sind die Leute heute allerdings viel empfindlicher geworden.“ Ihr „Nadja und der Bürgermeister“ ist nach seinen Worten auf Neuhausen zugeschnitten. Die Bütt lebe davon, dass sich die Menschen wiedererkennen: „Uns reichen die Auftritte bei der heimischen Prunkfestsitzung.“ Weder er noch Lena Broll hätten Lust, in der närrischen Zeit durch Festhallen der Region zu touren.
Die Online-Prunkfestsitzung ist am Samstag, 6. Februar, ab 19.33 Uhr auf der Homepage des NBN zu finden.
Elisabeth Maier, 02.02.2021 – 17:25 Uhr